2015 hat Sharyn Leaver (Forrester) einen viel beachteten Report veröffentlicht, wie eine Unternehmensorganisation sich besser am Kunden ausrichten könnte. Die dort vorgeschlagenen Maßnahmen müssen keineswegs auf ganze Unternehmen beschränkt bleiben.
Haben Sie’s auch in kleiner?
Einige der Prinzipien lassen sich durchaus auch auf speziellere „Kunden-Lieferanten-Beziehungen“ anwenden, beispielsweise auf das Zusammenspiel von Abteilungen von Unternehmen. Die gängigste Lesart der Serviceerbringung für „Kunden“ innerhalb eines Unternehmens betrifft jene der ‚indirekten‘ (also nicht wertschöpfenden Bereiche) für die ‚direkten‘ Bereiche.
Hier bietet es sich natürlich an sich der IT zuzuwenden, weil mithilfe von klar definierten Leistungsscheinen und SLAs, dokumentierten Erbringungsprozessen, standardisierten Kommunikationswegen und innerbetrieblicher Leistungsverrechnung hier bereits viele – an die Beziehungen zwischen Unternehmen angelegte – Standardisierungsschritte gegangen wurden. Für die Rolle des Kunden kommen hier natürlich vor allem interne Kunden in Betracht, was im Normalfall die Fachabteilungen sind. Aber natürlich kann dieses Prinzip auch generalisiert auf einen IT Service-Dienstleister angewandt werden, der seine Leistungen zu einem Großteil für externe Kunden erbringt.
Wie könnte man nun das Forrester-Konzept in der IT umsetzen?
Die Perspektiven
Forrester beschreibt zunächst sechs Tätigkeitsbereiche in denen die Organisation auf den Kunden ausgerichtet werden kann.

Diese lassen sich recht problemlos am Beispiel einer IT-Umgebung abbilden:
- die Organisationsstruktur beschreibt die Organisation des IT Bereichs, also ihre Funktionen (Aktivitäten) und Rollen (Aktivitäts-Inhaber)
- die Kultur der Organisation ist – da hier Menschen arbeiten – natürlich auch in der IT zu finden
- Talent Management Praktiken sind auch – und gerade – in der IT entscheidend für das interne „Sourcing“ (Staffing)
- Metriken werden auch im IT Teilbereich aus operativen Daten gewonnen, die in taktische und strategische Entscheidungen einbezogen werden
- Prozesse als Gegenstück zur Organisationsstruktur sind insbesondere hier (ISO und ITIL sei Dank) oft sehr gut dokumentiert und standardisiert
- Technologie als Ausführungsplattform hat in der IT natürlich eine ganz zentrale Rolle
So weit so gut, es finden sich offenbar alle Aktivitäten des ‚Betriebsmodell für Kundenbesessenheit‘ auch in der IT wieder. Doch was genau machen wir jetzt damit?
Die vier Reiter
Wir setzen in diese Aktivitätsbereiche vier operative Prinzipien, und messen inwiefern sie diesen Prinzipien entsprechen. Je größer die Abweichung, desto größer auch der Handlungsbedarf.

Ganz allgemein geht es also darum, aus einem ineffektiven Ist-Zustand in einen optimierten Soll-Zustand zu kommen. Dieser Weg umfasst:
- Kunden nicht nur wahrnehmen, sondern die Aktivitäten klar am Kundennutzen ausrichten
- nicht nur Daten sammeln, sondern auch schlüssig interpretieren und den Erkenntnissen gemäß handeln
- nicht die perfekte (nicht erreichbare) Lösung suchen, sondern die schnell umsetzbare Verbesserung anstreben
- nicht abgrenzen, sondern integrieren
Ungeachtet der ganz verschiedenen Ausrichtungen der Tätigkeitsbereiche können wir die vier Prinzipien hier problemlos anwenden. Dazu sind sie generisch genug. Nun gilt es also, die sechs beschriebenen Hebel an den vier Prinzipien auszurichten. Das klingt zunächst fürchterlich abstrakt, kann jedoch vergleichsweise schnell auf konkrete Handlungen abgebildet werden, wie hier am Beispiel „Fast“ dargestellt:

Der steinige Weg
Haben Sie für jeden der Hebel die entsprechenden Maßnahmen bestimmt, die zur Erreichung der Zielprinzipien nötig sind, haben Sie die wichtigsten Schritte bereits getan. Nun gilt es, diese mit Zeit und Geld zu bewerten, und in eine priorisierte Reihenfolge zu bringen. Natürlich ist auch hier der Weg das Ziel. Es ist nicht notwendig in jedem Bereich jedes Prinzip zu 100% umzusetzen um eine Organisation zu schaffen die den Kunden dienlich ist. Allerdings hat ein ordentlicher Einschlag „Kundenorientierung“ bisher den wenigsten Lieferbereichen geschadet.
Wie jede Übertragung eines Prinzips auf ein neues Thema, so wackelt auch dieses hier natürlich ein wenig. Nichtsdestotrotz lassen sich wertvolle Erkenntnisse für den eigenen Bereich gewinnen. Denn die Frage stellt sich tatsächlich jeder Führungskraft – und das hoffentlich in regelmäßigen Abständen – welcher Teil des Outputs meiner Mitarbeiter kommt wirklich dem Kunden zu Gute?
Können Sie sich in diese Struktur hineindenken, liefert Sie wertvollen Anstoß die eigene Organisation mal auf Ihre Kundenkompatibilität abzuprüfen. Die Frage, ob es im Ergebnis dann wirklich obsessive Kunden sein müssen, ist natürlich jedem CIO selbst überlassen.
Bei der Beantwortung wie immer viel Erfolg,
